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Beitrag vom 11.06.2021
Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung beschlossen
AVIVA-Redaktion
Mit dem Titel "Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten" setzt der am 9. Juni 2021 vom Bundeskabinett verabschiedete Dritte Gleichstellungsbericht erstmalig einen thematischen Schwerpunkt. Zentrale Befunde der Sachverständigen zeigen noch immer einen digital gender gap.
Seit 2012 legt die Bundesregierung laut Beschluss des Deutschen Bundestages einmal in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland vor, um anhand einer empirischen Bestandsaufnahme erkannte Ungleichheiten abzubauen. Die Berichte informieren und geben Anstöße für gleichstellungspolitisches Handeln. 2011 wurde der Erste Gleichstellungsbericht, 2017 der Zweite Gleichstellungsbericht veröffentlicht.
Am 26. Januar 2021 übergab die Vorsitzende Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok das Gutachten der unabhängigen Sachverständigenkommission an Bundesgleichstellungsministerin Franziska Giffey. Es bildet gemeinsam mit der Stellungnahme der Bundesregierung den Dritten Gleichstellungsbericht.
"Die Digitalisierung aller Lebensbereiche schreitet rasant voran. Das betrifft das Zusammenleben in der Familie und der Gesellschaft, das Lernen, Arbeiten und Wirtschaften und nicht zuletzt die Kommunikation. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklungen noch einmal beschleunigt. Eine wichtige Frage lautet daher, wie die Digitalisierung so gestaltet werden kann, dass sie Frauen und Männern gleiche Chancen bietet und möglichen Risiken begegnet.", so die Stellungnahme der Bundesregierung.
Zentrale Befunde der Sachverständigen zeigen, dass Frauen noch immer einen geringeren Digitalisierungsgrad als Männer haben (digital gender gap). In der Ausbildung, im Studium sowie in den Berufsfeldern der Informations- und Kommunikationstechnologien seien sie nach wie vor weniger stark vertreten und ihre Verweildauer in der Digitalbranche sei unter anderem aufgrund der an "männlichen" Lebenswelten orientierten Arbeitskultur im Tech-Bereich relativ kurz.
Die Untersuchung problematisiert zudem das Risiko der Reproduktion stereotyper und diskriminierender Strukturen durch einen zunehmenden Einsatz computergestützter, lernender KI- sowie algorithmischer Systeme, etwa bei der Personalauswahl.
Darüber hinaus empfiehlt der Bericht den Einsatz einer unabhängigen Kommission zum Thema "Anonymität versus Identifikation" im digitalen Raum, um hybride Verfahren zur Aufdeckung von Hate Speech zu entwickeln und eine gewaltfreie Gaming Kultur zu fördern.
Dazu Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht:
"Unser Ziel ist es, alle Menschen beim digitalen Wandel mitzunehmen. Mehr noch, wir wollen die Gleichstellung von Frauen und Männern mit der Digitalisierung weiter voranbringen. Wir begreifen die Digitalisierung als Chance, um unsere Gesellschaft gerechter und moderner zu gestalten. Der Gleichstellungsbericht bestärkt uns darin und gibt wertvolle Impulse für unsere weitere Politik."
Das Gutachten "Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten" umfasst 101 Handlungsempfehlungen, die sich an die Politik in Bund, Ländern, Kommunen sowie die Zivilgesellschaft richten.
Maren Heltsche, Sonderbeauftragte des Deutschen Frauenrats für Digitalisierung, kritisiert die unzureichende Konkretisierung der Zielsetzungen des Berichts:
"Es ist enttäuschend, wie die fundierte Expertise und vielseitige Betrachtung des Sachverständigengutachtens in einer ambitionslosen Aneinanderreihung bereits ergriffener Maßnahmen versandet. Die Stellungnahme enthält keine Visionen, die auf langfristige Verbesserungen der Verwirklichungschancen von Frauen und Mädchen und Menschen unterrepräsentierter Gruppen im digitalen Transformationsprozess hoffen lassen."
Zwar begrüße der Deutsche Frauenrat den Willen der Bundesregierung, die Gleichstellungsstrategie weiter fortzuführen, fordere jedoch verbindliche Fortschreibung und Verstetigung und eine gleichzeitige Ergänzung der Digitalisierungsstrategie um die Gleichstellungsperspektive.
Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin, 9. Juni 2021, Deutsche Frauenrat , AVIVA-Berlin.